Erster Akt – das Drama beginnt 

„I only know two tunes. One is ´Yankee Doodle´, and the other isn’t.“
Ulysses Simpson Grant (1822-1885), 18. Präsident der USA

Dem Begriff der Masse steht also der des Individuums gegenüber. Jeder sucht sich aus der Fülle des Angebots, das was ihn am meisten beeindruckt und ihm gefällt. Dabei wird meist nur an der Oberfläche gekratzt. Der Hörer legt zwar immer mehr Wert auf Vielschichtigkeit in der Musikbandbreite, stellt sich sozusagen seinen persönlichen Mainstream zusammen.
„Der klassische Mainstream wurde bei den Konsumenten aber zu einer Mischung aus den Stars der jeweiligen Musikgenres: Norah Jones, Robbie Williams, U2, Eminem, Anna Netrebko und Lang Lang sind jeweils die Spitzen der unterschiedlichsten Szenen.“³

Klassik wurde durch Lang Lang cool, die jazzähnlichen Ohrwürmer von Norah Jones finden auch bei Klassikhörern Anklang und Songs von U2 und Robbie Williams sind ihrer ursprünglich jugendlichen Hörerschaft längst entwachsen und haben auch älteres Publikum erobert. Popsänger der jüngsten Generation müssen nicht mehr durch langjährige Karrieren oder eine Ausbildung überzeugen, sondern sind künstlerische Eintagsfliegen, kurzfristig von Talentscouts für den Markt aufgebaut und den Lebensgefühlen ihrer Konsumenten ideal angepasst. Musik und Künstler verbinden sich seit längerem schon zu einem Produkt und somit ist die Basis für deren beider Kommerzialisierung geschaffen. 

Starkult als publikumswirksame und damit auch geldbringende Ökonomisierung der Musik ist prinzipiell nichts neues. Historisch gab es viele herausragende Musiktalente, die international bekannt wurden, indem sie in gesellschaftlichen Zusammenkünften präsentiert wurden, durch internationale Reisen ein größeres Publikum und mit nötiger Publicity zahlreiche Fans anzogen. Dazu zählten unter anderem die Minnesänger und Troubadours im Mittelalter, Komponisten und Interpreten wie Lully und Händel, Farinelli und Carestini in den barocken höfischen Eliten, sowie komponierende Virtuosen wie Mozart, Paganini, Liszt und Johann Strauß als romantisierte Künstlerfiguren. Doch war deren Kunst entweder örtlich begrenzt oder sie galt nur einer gewissen sozialen Schicht. Der Absatz von Musik an eine möglichst heterogene und breite Menge an Zuhörern war dadurch noch nicht möglich.

Das Phänomen Masse in der Kunst und Kultur entwickelte sich grundlegend erst mit dem technischen Fortschritt um 1900, mit der Erfindung von Radio, Kino und den Tonträgern bis hin zum Internet.

Max Horkheimer und Theodor W. Adorno gehen dieser Entwicklung bereits im Jahr 1944 in ihrem Essay „Kulturindustrie – Aufklärung als Massenbetrug“ beeindruckend nach. Die dort beschriebenen Tendenzen und Entwicklungen in der Tonträger-, Film- und Fernsehbranche der Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts kommen nun, siebzig Jahre später, zur erstaunlich aktuellen Anwendung auf die mediale Kunst von heute und deren Verbreitung im Internet als Vertriebs- und Aufführungsort von Film und Musik.

„Lichtspiele und Rundfunk brauchen sich nicht mehr als Kunst auszugeben. Die Wahrheit, dass sie nichts sind als Geschäft, verwenden sie als Ideologie, die den Schund legitimieren soll, den sie vorsätzlich herstellen.“⁴ 

Dabei entwickelte sich die Kino- und Fernsehbranche parallel zur neuen Musikindustrie, von der hier aber vorwiegend erzählt werden soll.

Die technische Aufzeichnung von Musik und Bild revolutionierte die Unterhaltungsbranche. Noch bevor das gesprochene Wort die bewegten Bilder mit Ton versorgte, wurde Musik zum Zweck der akustischen Untermalung dem Film hinzugefügt (Stummfilm). Orchester spielten nicht mehr zu einer Handlung, die zeitgleich auf einer Bühne dargestellt wurde, sondern sie lieferten Soundtracks zu aufgezeichneten bewegten Bildern. So entstanden neue Akteure und Produktlieferanten im Kulturbusiness. Der Beruf des Komponisten erfuhr beispielsweise eine entscheidende Wende und Aufteilung: in diejenigen, welche weiterhin Musik für die traditionelle Aufführungsform der Konzerte und Opern schrieben. Und dann gab es jene, die bereits in die Zukunft des Genres, also ihre Kommerzialisierung zu neuen Unterhaltungszwecken, investierten. Die somit entstandene unterhaltende (U-)Musik trennte sich von der jetzt altmodischen sogenannten „ernsten“ (E-)Musik. Operette, Revue, Varieté, Musical, Filmmusik, Schlager – das waren die neuen Genres nach denen man sich richtete und deren Interpreten durch die technische Errungenschaft von Tonaufnahme und Filmaufzeichnung wahrlich Weltruhm erlangten. Diese unterhaltende Populärmusik, die nach dem Krieg vor allem kurz Rock und Pop genannt wurde und ihre verschiedensten Ausformungen entwickelte, erzielte nun ein Massenpublikum, welches auch sozial neue Maßstäbe setzte. Nach dem Adel und dem Bürgertum erreichte nun endlich auch die Masse der Arbeiter und Angestellten, also das bis dahin kulturferne Volk, die Konzert- und Kinosäle und genoss Musik zuhause auf Schallplatten. Dabei gelang über die Jahrzehnte, auch Dank dem technischen Fortschritt, der Entwicklung des Geschäftsformates „Musik“ eine unglaubliche Dynamik. Durch das Radio war man ortsunabhängig im Genuss von Musik, auch Live-Musiker waren wegen der technischen Reproduzierbarkeit in Konzerthäusern oder Lokalen nicht mehr nötig. Clubs und Discos entstanden als neue Amüsierbetriebe. Neben der revolutionierenden Erfindung der CD-Scheibe waren dann auch TV-Stationen lukrative Medien zum Vertrieb von Musik. Sender wie z.B. Viva oder MTV, die als Werbeplattform für Massenmusik fungierten, wichen später omnipräsenten Videochannels im Netz (z.B. Youtube). Social Media Kanäle (z.B. Facebook) sind nun schlussendlich ideale Vertriebe von Musik und dienen gleichzeitig auch ihrer mittlerweile interaktiven Bewerbung.

Das Fernsehen muss sich neuer massentauglicher Musik-Formate bedienen. Hierzu zählt zum Beispiel die Verwertung der Kunstgattung in Verbindung mit Gesangswettbewerben und die Star-Provozierung in den immer neu aufgelegten und kreativ wechselnden Konzepten unterliegenden Casting-Shows, deren Programm auf nichts anderem als dem Karaoke-Prinzip beruht.⁵ War es zu Beginn dieses Trends noch im Prinzip das Publikum selbst, also die Entität jedermann/frau als nicht ausgebildete, aber scheinbar zum talentierten Künstler geborene Masse, welchem in polarisierenden TV-Castings hoffnungsvoll eine ruhmreiche künstlerische Karriere versprochen wurde („Deutschland sucht den Superstar“, „American Idol“), so sind es nun diese, von jenem Wettbewerb bereits karrierelos hervorgegangenen Prominenten, die zur Unkenntlichkeit maskiert auf die Bühne gestellt, sich einem Publikum und einer Jury zur Wahl stellen und wiederum mit Hilfe der Karaoke-Interpretation eingängiger massentauglicher Songs als gestyltes Musikprodukt präsentieren („The Masked Singer“). 

„Die von den Talentjägern aufgespürten und dann vom Studio groß herausgebrachten Figuren sind Idealtypen des neuen abhängigen Mittelstands.“⁶

Dabei wird ein Basiselement des Wesens von Musik zum entscheidenden Verkaufsfaktor: die Emotion. Die sympathiebetonte Identifikation mit dem Interpreten führt zur verstärkten leidenschaftlichen Hinwendung zum Produkt Musiker und Musik. Wenn sich jemand, wie Du und Ich, in einer Wettbewerbssituation eine vielversprechende Karriere ersingen kann, dann ist Musik hier ein Weg zur gesellschaftspolitischen Identitätsfindung. Die ursprünglich von Kunst fern lebende arbeitende Bevölkerungsschicht findet sich auf der Bühne des Lebens wieder. Jeder kann ein Star werden. Musik dient hier bloss als Mittel zum Zweck. Die Filmbranche nahm eine ähnliche Entwicklung:

„Der Schritt von der Straße ins Kino führt ohnehin nicht mehr über den Traum.“⁷

Reality-Shows weichen dem opulenten Historiendrama. Wir sind das Kino. Der Verismo⁸ der Film- und Musikbranche sozusagen.

Diese Demokratisierung der Kultur verlangt nach einem differenzierten Publikum. Lange nach Lully, Mozart und Paganini, aber auf einer vergleichbaren Aufmerksamkeit produzierenden Ebene, wird die Musik einer viel heterogeneren Masse als Unterhaltung geboten, die sich wiederum in viele kleine Teilmassen unterscheidet und als rein monetärer Umsatzmarkt fungiert. Social Media Plattformen als Echokammern für die jeweilige Starkultprovozierung und Werbeplattform geben dem Erfolg von Musikprodukten natürlich eine beschleunigte Dynamik. Waren früher teuer finanzierte Sender wie VIVA und MTV labelgepushte Werbeinstrumente für die Verbreitung von Stars, so sind nun die Stars mit ihren Facebook-Profilen selbst Motor des Erfolgs. Und erfolgreich ist nicht mehr die Musik im eigentlichen Sinn, sondern die Klickrate, über die Werbegeld lukriert wird. 

Mozart wäre, nicht zuletzt durch seinen Manager-Vater, heute wahrscheinlich auf Facebook präsent. Seine neuesten Hits wären klickbedingt durchaus mainstreamtauglich. Von dieser Popularität wusste man schon im 19. Jahrhundert, lange vor den neuen Medien. Bereits damals wurde Mozart post mortem, beispielsweise als Nebenprodukt des Salzburger Mozartfestes in den 1890er Jahren,  zur Marke gemacht und beweist sich bis heute als äusserst marktfähig. Mozart ist übrigens meiner Ansicht nach der einzige klassische Komponist, den scheinbar jeder kennt und jeder mag, weltweit.

Der Drang nach Optimierung und Objektivierung führt weg von Kreativität und Emotion (…) Planbarkeit bremst Spontaneität und zwingt zur Fokussierung auf die Technik – anstelle von Idee.“⁹

Die neue Industrie, übrigens nicht nur in der Kultur, schafft also zunächst Einteilungen von diversen Publika, die schematisch einer gewissen soziopolitischen Herkunft entsprechen (Stichwort Identifikation) und so die Konsumenten immer mit neuen, auf den gleichen Mustern basierenden Themen, versorgt, also zum Kauf animiert. Der Markt liefert immer neue Endprodukte aber auch sich ähnelnde Künstler nach, um so sein Stammpublikum bei (Kauf-)Laune zu halten. So entstehen und manifestieren sich Hörer- und Käufergruppen, die kaum bis nie Grenzen überschreiten, ja sich untereinander durch ideologische Abgrenzung und stereotype Ausdrucksformen, wiederum aufgenommen von anderen Märkten wie Mode oder Lifestyle, auszeichnen. Vereinfacht: Hörer von Sido ziehen sich anders an als Andreas Gabalier Fans und das Publikum von Helene Fischer kommt vorrangig aus einer anderen sozialen Schicht als jenes von Jonas Kaufmann.

„Jeder soll sich gleichsam spontan seinem vorweg durch Indizien bestimmten level gemäß verhalten und nach der Kategorie des Massenprodukts greifen, die für seinen Typ fabriziert ist.“¹⁰

Ein wichtiges und dabei absichtlich eingesetztes neueres Marketinginstrument, um sich sozusagen quer durch alle Publikumsschichten zeitweise Käufer „auszuleihen“, ist der „Crossover-Effekt“.
Das individualisierte Metal-Rock, Schlager, Klassik oder HipHop Publikum wird durch Koproduktionen der Genres wechselweise angesprochen: Heino singt Hardrock, Andreas Gabalier im Duett mit Anna Netrebko, Jazz goes Classic und Classic goes Volkslied. Korrelierend dazu finden sich in den Konzerthäusern die Live-Ableger dieser Marktideen. Das Prinzip „Musik als Produkt“ funktioniert im Crossover gerade durch die Verkäuflichkeit an das vielschichtige und breite Publikum. Man bedient quasi die Masse des Indivduums.

„Die ganze Welt wird durch das Filter der Kulturindustrie geleitet“¹¹

Diese Form der Individualität schlägt sich auch auf der Produktionsseite nieder. Besonders in der Klassik haben sich Interpreten und Publikum auf bestimmte Genres spezialisiert. Festivals und Theater antworten mit dementsprechenden Programmschienen (Barock-Boom, Jazz meets Classic usw.).

Der Großteil der Werke des klassischen Kernrepertoires ist bereits in guten und vielzähligen Aufnahmen erhältlich. Die großen Plattenfirmen können längst nicht mehr alle Sparten zufriedenstellend präsentieren. Viele kleine Labels versuchen oft mit Spezialisierung in ihrem präsentierten Repertoire der Vereinheitlichung des Marktes entgegenzuwirken. Erwähnenswert ist hier auch, dass sich der Kanon der vom Hörer akzeptieren Werke, also der Publikumsgeschmack, sehr eingeengt hat. Sowohl im Konzert als auch bei den verkauften Tonträgern finden sich immer wieder die gleichen Komponistennamen und Stücke. Sogenannte zeitgenössische Musik, sei es avantgardistisch-experimentelle oder sogar durchaus „massentauglich“ hörbare, wird wenn nur als „Sandwich-Häppchen“ zur Erfüllung der Quote eingefügt oder beworben und von der Mehrzahl der Hörer abgelehnt. Die Einteilung in eine historisch-chronologische Assoziation und der Begriff „zeitgenössisch“ in Bezug auf Musik müsste dringend überdacht werden. Unter anderem so wäre die negative Behaftung sämtlicher komponierter Konzertmusik ab den 1950er Jahren beim Publikum zu eliminieren. Die oben erwähnte Trennung in U- und E-Musik hat ihr übriges getan.

„Das Wichtigste, was das Publikum von einem Komponisten verlangt, ist, dass er tot ist.
Arthur Honegger (1892-1955, schweizerisch-französischer Komponist) 
in: Je suis compositeur, 1951

Im Gegensatz dazu stehen aber die einseitige Sättigung und das Überangebot des Marktes in der Produktion, welche sich vielschichtig äussern. 

Zum einen in Einspielungen von archivarisch-musikwissenschaftlichen Ausgrabungen für Spezialisten und Kenner, etwa aus der Barockzeit. Beispielhaft spiegelt sich hier der Boom der Countertenöre wider. Denn für längst vergessene Partituren braucht man Interpreten wie damals. Um auch dieses Repertoire wiederum der Masse schmackhaft zu machen, baut man verkaufsfördernde Typisierungen auf und greift dankbar auf marketingtaugliche persönliche Stories, durchaus ohne Barock- oder Musikbezug, zurück (Stichwort „sexy Breakdancer“). Oder man stülpt der barocken Oper verkaufsfördernd aktuelle sozialpolitische Themen über, obwohl sich beispielsweise das medizinische Unterfangen des Kastratentums historisch ganz anders darstellt als die heutige gesellschaftlich motivierte Geschlechtergerechtigkeit in der Genderpolitik. Eigentliche Nischenmärkte werden so zu Verkaufshits. Das relativ kleine Klassik-Publikum wird zur Masse, der man versucht, immer das richtige Produkt zu bieten. Die ursprüngliche Randerscheinung der Countertenöre wird mit der nötigen Werbung zum Hit. Der Mythos Farinelli und der zugehörige Kinofilm dienen als Vorbild. Plötzlich hört jeder Barockmusik. Hohe Männerstimmen kämpfen symbolisch für die Gleichberechtigung und sind Identifikationsfiguren ganzer Bewegungen.

Natürlich spielt hier der archivarische Wert der jeweiligen, oft erstmaligen Werk-Einspielungen, auch eine Rolle. Die wenigen wirklichen Liebhaber von raren Barockopern, vergessenen Operetten oder unbekannten Komponisten haben aber für den Markt der Masse keine Bedeutung.

„One God, one Farinelli!
Lady Bingley, die größte Bewunderin des Sängers in London (ca. 1734)

Zum anderen merkt man, dass sich die führenden Plattenfirmen um die wenigen großen (weil werbewirksamen) Namen und Interpreten in der Branche rangeln und gegenseitig abkaufen. Hier zeigt sich, dass die „Majors“ (die restlichen drei oder vier globalen Plattenfirmen) wegen ihrer Internationalität und Ausrichtung auf Masse gut funktionierende Marketingabteilungen besitzen. Wie Spitzensportler werden die willkürlich ausgesuchten Stars für gewaltiges Geld hin und her gezahlt. Klischeehafte Musikercharaktere bzw. deren Typisierungen werden erfunden oder individuelle Merkmale als Marketingkonzepte eingesetzt. Der fesche Tenor, die sexy Sopranistin, der Pianist im Designeranzug, die barfüssige Geigerin, der Dirigent mit den Springerstiefeln – um nur einige dem Konsumenten angebotene Identifikationsmöglichkeiten aufzuzählen. Die Musik, die sie aufnehmen wird, mit betont intellektuellen Feuilleton-Ausnahmen, zum Konkurrenzprodukt ohne Mehrwert. Wenn der Tenor X italienische Canzonen bei der einen Plattenfirma einspielt, folgt Tenor Y mit dem selben Programm bei seinem Label. Hat die eine Plattenfirma einen Coup mit der Entdeckung einer jungen (und hübschen) Sopranistin oder einem aus prekären sozialen Verhältnissen stammenden musikalischen Talents gelandet, folgen garantiert ähnliche Projekte als marketingtaugliche Gegenideen bei den weiteren Lables. Der Markt wird so überschwemmt mit Musik und Künstlern, die einzig und allein nur der Ausbeutung des willigen Publikums dienen und über den Faktor „Künstler“ und die damit verbundenen Sympathieäußerungen (Emotion) den (Werbe-)Markt bestimmen.

„Was kann man von Künstlern musikalisch erwarten, die ein Kunstprodukt der Kulturindustrie sind und deren Daseinszweck darin besteht, ihre und deren meist seichte Produkte zu verkaufen?“¹²

Hier unterscheidet die Klassik sich natürlich vom Pop allein durch die grundsätzlich intensivere Ausbildung ihrer Protagonisten.

Musiker, denen die Werbewirksamkeit nicht durch Marketingmaßnahmen aufgedrückt werden und im Spiel um Plattenverträge nicht mitmischen (können oder wollen), sind dem breiten Publikum so aber unter Umständen gar nicht bekannt, obwohl ihre Qualität sich kaum von den gepushten Werbeträgern unterscheidet. Beispielsweise bleibt einem der gefragtesten Wagner-Sänger ohne Sunnyboy- und Schwiegersohn-Image eine Plattenkarriere verwehrt. Nur durch seinen plötzlichen Krebstod steigen die Verkaufszahlen von rasch aufgelegten „Live-best-of“ CDs in die Höhe. Ein hipp gestylter Rock-Geiger verkauft seine CDs massenhaft, während ein hochbegabter Nerd-Typ schwierig kommerzialisierbar ist. Dass die Kulturindustrie auch scheinbar Unscheinbares zu Profit machen kann, sieht man an der Verkaufsstrategie von „Aussenseitertypen“ (Big Bang Theory). Auch hier finden sich bereits Beispiele im Bereich der Musik.

Will ein Musiker ohne diese „aussermusikalischen Alleinstellungsmerkmale“ dennoch eine Plattenkarriere machen und den Weg der Selbstvermarktung gehen, bleiben ihm oft nur geldintensive Eigeninitiativen übrig.
Aber auch dafür haben die großen Firmen neuerdings Lösungen parat: Künstler können sich durch das Sharing der Kosten für Aufnahmen teuer einen pseudohaften Karriereschub „erkaufen“, indem sie den „Majors“ Geld geben, dass sie unter deren Namen Platten veröffentlichen und werben. Dass sich daraus nur noch mehr Wettbewerbsverzerrung ergibt, ist dem Verbraucher vulgo Hörer gar nicht bewusst, vielleicht sogar egal.

4 Horkheimer/Adorno: Kulturindustrie – Aufklärung als Massenbetrug

5 vgl. Tim Renner: Kinder, der Tod ist gar nicht so schlimm! Über die Zukunft der Musik- und Medienindustrie

6 Horkheimer/Adorno: Kulturindustrie – Aufklärung als Massenbetrug

7 Horkheimer/Adorno: Kulturindustrie – Aufklärung als Massenbetrug

8 Stilrichtung der Oper zwischen 1890 und 1920, welche alltägliche Handlungen und soziale Konflikte auf die Bühne bringt

9 Tim Renner: Kinder, der Tod ist gar nicht so schlimm! Über die Zukunft der Musik- und Medienindustrie

10 Horkheimer/Adorno: Kulturindustrie – Aufklärung als Massenbetrug

11 Horkheimer/Adorno: Kulturindustrie – Aufklärung als Massenbetrug

12 Berthold Seliger: Klassik Kampf – Ernste Musik, Bildung und Kultur für Alle